Lindenstraße

Baubeginn: September 2015
Bauende: Juni/Juli 2018
Anzahl Woh- und Ateliereinheiten: 87
Kosten Eigentumswohnungen und -ateliers: je nach Lage 3.000 – 3900 €/m².
Kosten genossenschaftliche Einheiten: Genossenschaftseinlage von 380 – 880€/m² und Nettokaltmiete von 9,50 €/qm/Monat. Sozialer Träger 3.000 €/m².

Wie wollen wir künftig wohnen, arbeiten und leben? Das haben wir uns gemeinsam mit den Architekten ifau und HEIDE & VON BECKERATH gefragt, als wir 2011 das „Integrative Bauprojekt am ehemaligen Blumengroßmarkt“ (IBeB) im Rahmen eines konzeptgebundenen Grundstücks­vergabeverfahrens des Berliner Liegenschaftsfonds starteten. Nach den Plänen der Architekten entsteht  ein viergeschossiges Gebäude aus Wohnungen, Ateliers, Studios und Gewerberäumen, das Wohnen und Arbeiten verknüpft und an dem wir gemeinsam mit privaten Baugruppenmitgliedern und einem sozialen Träger zu 25% beteiligt sind.

Der ehemalige Blumengroßmarkt und die daran angrenzenden Grundstücke sind eingebettet in die südliche Friedrichstadt, deren historischer Stadtgrundriss heute vor allem durch die Neubauten der IBA (Internationale Bauausstellung 1984-87) geprägt ist. Im gesamten Umfeld des ehemaligen Berliner Blumengroßmarkts ist eine auch für Berlin außergewöhnliche Durchmischung aus Kultureinrichtungen und jungen Unternehmen inmitten eines durch Wohnnutzungen geprägten Quartiers entstanden. Durch die attraktive und zentrale Lage des Gebietes ist absehbar, dass diese Durchmischung mittelfristig in Gefahr läuft, einer einseitigen, exklusiven und exkludierenden innerstädtischen Aufwertung weichen müssen. Dieser Entwicklung entgegen zu steuern, mit einem beispielgebenden Projekt, das die urbane Vielfalt zum zentralen Anliegen macht und zeigt, wie eine gemeinschaftliche Teilhabe am Stadtraum ermöglicht werden kann, war ein wichtiger Anlass für die Konzeptionierung des Bauprojekts.

Wesentliches Ziel von IBeB ist eine hohe Vielfalt und Durchmischung von Bewohner- und Nutzungsstruktur. Neben dem von Baugruppenmitgliedern errichteten privaten Wohnraum entstehen genossenschaftliche Wohn- und Nutzflächen, die bevorzugt an Kulturschaffende, junge Familien und ältere Personen  vergeben wurden. Dadurch ist ein geneartionsübergreifendes Wohnen als grundlegende Basis gegeben. Ein Teil der Wohneinheiten wird von einem sozialen Träger für betreutes Wohnen genutzt. Als weiterer zentraler Faktor des Projektes wird die Verbindung von Wohnen und Arbeiten angesehen. Die räumliche Grundstruktur ist so angelegt, dass eine Durchdringung unterschiedlicher Nutzungsformen ermöglicht wird. Als öffentliche Schnittstellen zum Quartier entstehen im Erdgeschossbereich Ateliers und Gewerbeeinheiten. Diese öffnen und verknüpfen das Gebäude mit den angrenzenden verkehrsberuhigten Straßenräumen, so dass hier eine lebendige kommunikative Zone entsteht.

Bei der  Organisation und Gestaltung des Gebäudes bildet die Idee einer gemeinschaftlich ausgerichteten und sozial gemischten Wohnform den Ausgangspunkt. Die gemeinschaftsorientierte Wohnform erfordert einen besonderen Umgang mit Erschließungs-, Außen- und Freiräumen aber auch ein Angebot spezifischer Räume, in denen bestimmte Nutzungen gemeinschaftlich möglich sind, seien es geteilte Arbeitsräume und Werkbereiche, Terrassen und Gemeinschaftsgärten oder Wasch- und Sommerküchen. Die angestrebte Mischung unterschiedlicher Lebensstile und Haushalte wird durch unterschiedliche Wohnungsgrößen und -typen ermöglicht. Die im Erdgeschossbereich entstehenden Gewerbe- und Ateliereinheiten wurden in ihrer strukturellen Anlage als um- und ausbaufähige Räume konzipert, die eine kontinuierliche Anpassung an unterschiedliche Bedürfnisse ermöglichen. Für das gesamte Hausprojekt wurden gemeinsame Standards entwickelt, die gewährleisten, dass ein Umzug im Haus umstandslos möglich ist und auch auf eine sich über die Zeit verändernde Bewohnerschaft und differente Nutzungsanfordrungen reagiert werden kann. Mit Hausgemeinschaft ist hier also weniger eine sich selbstverwirklichende Teilöffentlichkeit gemeint, sondern vielmehr eine urbane und soziale Gemeinschaft.

Das Projekt verschränkt drei unterschiedliche Finanzierungsmodelle, die eine vielfältige, urbane Mischung ermöglichen: Im Rahmen dieser integrativen Baugemeinschaft werden Wohn-, Atelier- und Gewerbeeinheiten durch die Selbstbaugenossenschaft Berlin eG, private Bauherren und einen sozialen Träger genutzt. Die Wohnungen und Gewerbeeinheiten für private Eigentümer werden zu einem dem Ort und der Lage angemessenen Kaufpreis angeboten, während der konzeptgebunden günstige Grundstückspreis die Quersubventionierung und damit Stabilisierung der genossenschaftlichen Wohn- und Gewerbeeinheiten ermöglicht. Diese können so zu einem angemessenen, festen Mietzins angeboten werden und sichern eine Alternative innerhalb laufender marktabhängiger Aufwertungsprozesse.